Empirische Kommunikationswissenschaft
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Die Entstehung und Nutzung politischer Medienagenden auf YouTube und ihre Bedeutung für Jugendliche.

Teilprojekt 1 der Forschergruppe 1381 „Politische Kommunikation in der Online-Welt“, gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft.

Projektmitarbeiter: Brosius, Hans-Bernd
Keyling, Till
Datum: 2011-2014
Projektart: öffentliche Förderung

Die Fragestellung des Teilprojekts (TP) lautet: Welche Konsequenzen haben Social Network Sites wie YouTube für Gatekeeping- und Agenda-Setting-Prozesse und damit für die Grundlagen des massenmedial vermittelten politischen Kommunikationsprozesses?

Das Teilprojekt verfolgt in der ersten Projektphase das Ziel, anhand einer Inhaltsanalyse der Clipkarrieren politischer Videos auf YouTube sowie ihrer Bewertungen und Kommentierungen durch die Nutzer zu prüfen, wie Agenda-Setting-Prozesse im Social Web entstehen und welche politischen Vorstellungen sich auf dieser Grundlage bei den Nutzern festmachen lassen. Damit wird theoretisch ein Beitrag zur Weiterentwicklung und Zusammenführung von Ansätzen der Selektion und der Wirkung politischer Kommunikationsinhalte geleistet (Gatekeeping, Nachrichtenwerttheorie, Agenda-Setting-Ansatz).

Erste Ergebnisse: Die Wirkung von Nachrichtenfaktoren auf die Auswahl politischer Videoclips konnte in einem Selektionsexperiment für die Faktoren Überraschung und Schaden nachgewiesen werden. Ein geringeres politisches Interesse und Involvement der Nutzer bedingt zudem die Selektion humorvoller politischer Videoclips. Die Anzahl der Klicks von Videos beeinflusst deren Auswahlwahrscheinlichkeit nicht direkt (womöglich aber deren interpersonale Weiterleitungen in Social Network Sites, per Email etc.).

Eine Inhaltsanalyse der beliebtesten Videoclips deutscher Spitzenpolitiker zeigt, dass Humor ein bedeutsames Charakteristikum der Darstellung von Politikern auf YouTube ist. Humorvolle Clips werden häufiger angesehen, öfter bewertet und weitergeleitet. Der Humor taucht meistens im Zusammenhang mit politischen Sachthemen auf, bezieht sich also nicht nur auf peinliche oder rein persönliche Kontexte. Nutzer mit geringem politischem Interesse kommen über den Humor auch mit Sachthemen in Kontakt.

Im Rahmen der NRW-Landtagswahlen 2012 haben wir untersucht, inwiefern sich die Berichterstattung klassischer Online-Massenmedien (Spiegel Online, Rheinische Post online) und YouTube zur Wahl unterscheiden und ob Anpassungsprozesse auf Themen- und Akteursebene im Zeitverlauf erkennbar sind (Intermedia-Agenda-Setting). Wir können zeigen, dass YouTube gerade Kleinparteien, die in der massenmedialen Berichterstattung kaum vorkommen, eine Plattform bietet und eine thematisch heterogenere Berichterstattung aufweist. Eine gegenseitige Beeinflussung von YouTube und Nachrichtenwebsites auf Ebene der Themen können wir im Aggregat nicht feststellen, einzelne Videoclips hingegen profitieren von der Erwähnung in der Berichterstattung von Nachrichtenwebsites.

Im Rahmen der Bundestagswahlen 2013 haben wir (politische) YouTube-Clips und deren Distribution auf Twitter und Facebook in Echtzeit erfasst. Neben anderen Hyperlinks werden bei Tweets mit dem Wahl-Hashtag „#btw13“ (unsere Datenerhebung umfasst über 6 Millionen Tweets im Kontext der Bundestagswahl) vor allem YouTube-Clips geteilt und empfohlen, wobei unsere ersten Analysen zeigen, dass nur einige wenige Clips vergleichsweise hohe Aufrufzahlen jenseits der 100.000 Klicks erreichen, darunter nicht nur professionelle Wahlwerbespots, sondern auch nutzergenerierte Inhalte.

Methodisch ist hervorzuheben, dass automatisierte Erfassungen von YouTube Clipsmit einer manuellen, codiererbasierten Inhaltsanalyse kombiniert werden. Mithilfe eines eigens dafür entwickelten Tools werden diverse Metadaten der Videos und Aufmerksamkeitsindikatoren (z. B. Klickzahlen, Weiterleitungen, Bewertungen) im Zeitverlauf erfasst. m Beobachtet wird zudem die Verbreitung in Social Network Sites (Facebook, Google+, Twitter). Dies erlaubt es, die dynamischen und kollektiven Gatekeeping-Prozesse auf YouTube in Echtzeit zu beobachten. Die Instrumente können generell bei der automatischen Erfassung, Speicherung und Analyse von Web-Inhalten helfen.

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